Das Requiem („Missa pro defunctis“/Messe für die Verstorbenen) ist eine spezielle Form der katholischen Mess-Liturgie.
In der Totenmesse fehlen Gloria und Credo des normalen Ordinariums. Anstelle des Gloria tritt die Sequenz „Dies irae“, vermutlich /vielleicht?…) aus der Feder des Franziskanermönchs Thomas von Celano (ca. 1190 bis 1260).
Hier die Texte der Requiem-Liturgie in Mozarts Fassung.
Bei Mozart fehlt das „In paradisum“,
I Introitus:
Requiem aeternam dona eis, domine,
Et lux perpetua luceat eis.
Te decet hymnus, deus, in Sion
Et tibi reddetur votum in Jerusalem.
Exaudi orationem meam.
Ad te omnis caro veniet.
II Kyrie:
Kyrie eleison.
Christe eleison.
Kyrie eleison.
III Sequenz:
1.
Dies irae,
dies illa
solvet saeculum in favilla
Teste David cum Sibylla *).
Quantus tremor est futurus,
Quando iudex est venturus,
Cuncta stricte discussurus.
2.
Tuba mirum spargens sonum
Per sepulcra regionem
Coget omnes ante thronum.
Mors stupebit et natura,
Cum resurget creatura
Judicanti responsura.
Liber scriptus proferetur
In quo totum continetur
Unde mundus iudicetur.
Judex , cum sedebit,
– quidquid latet apparebit.
Nil inultum remanebit.
Quid sum miser tunc dicturus?
Quem patronum rogaturus,
Cum vix iustus sit securus?
3.
Rex tremendae majestatis,
Qui salvandos salvas gratis,
Salva me, fons pietatis.
4.
Recordare, Jesu pie,
Quod sum causa tuae viae.
Ne me perdas illa die.
Quaerens me sedisti lassus,
Redemisti crucem passus.
Tantus labor non sit cassus.
Juste judex ultionis,
Donum fac remissionis
Ante diem rationis.
Ingemisco tamquam reus,
Culpa rubet vultus meus.
Supplicanti parce, deus.
Qui Mariam absolvisti
Et latronem exaudisti,
Mihi quoque spem dedisti.
Preces meae non sunt dignae,
Sed tu, bonus, fac benigne
Ne perenni cremer igne.
Inter oves locum praesta
Et ab hoedis me sequestra
Statuens in parte dextra.
5.
Confutatis maledictis,
Flammis acribus addictis,
Voca me cum benedictis.
Oro supplex et acclinis,
Cor contritum quasi cinis,
Gere curam mei finis.
6.
Lacrimosa dies illa
Qua resurget ex favilla
Judicandus homo reus.
Huic ergo parce, deus,
Pie Jesu Domine.
Dona eis requiem. Amen.
IV Offertorium:
1.
Domine Jesu Christe, rex gloriae,
libera animas omnium fidelium defunctorum
De poenis inferni
Et de profunda lacu.
Libera eas de ore leonis
Ne absorbeat eas tartarus
Ne cadant in obscurum
Sed signifer sanctus Michael repraesentet eas
In lucem sanctam
Quam olim Abrahae promisti et semini eius.
2.
Hostias et preces tibi, domine, laudis offerimus
Tu suscipe pro animabus illis
Quarum hodie memoriam facimus.
Fac eas, domine, de morte transire ad vitam
Quam olim Abrahae promisti et semini eius.
V Sanctus:
Sanctus, Sanctus, Sanctus, Dominus Deus
Sabaoth.
Pleni sunt coeli et terra gloria tua.
Hosanna in excelsis.
VI Benedictus :
Benedictus, qui venit in nomine domini.
Hosanna in excelsis.
VII Agnus Dei:
Agnus dei, qui tollis peccata mundi,
Dona eis requiem sempiternam.
VIII Communio:
Lux aeterna luceat eis, domine,
Cum sanctis tuis in aeternum, quia pius es.
Requiem aeternam dona eis, domine,
Et lux perpetua luceat eis.
I Introitus:
Ewige Ruhe gib ihnen, Herr,
und ewiges Licht leuchte ihnen.
Dir, Gott, gebührt Lobgesang in Zion
und dir soll das Gelübde erfüllt werden in Jerusalem. Erhöre mein Gebet.
Zu dir wird kommen alles Fleisch.
II Kyrie:
Herr, erbarme dich.
Christus, erbarme dich.
Herr, erbarme dich.
III Sequenz:
1.
Tag des Zorns,
jener Tag
wird das All in Staub auflösen,
wie bezeugt von David und dem Sibyllischen Orakel *).
Wieviel Zittern wird es geben,
wenn der Richter erscheinen wird,
alles streng zu prüfen.
2.
Die Posaune wird wunderlich erklingen
durch das Gebiet der Gräber und
wird alle vor den Thron zwingen.
Der Tod und und die Natur werden erschauern,
wenn die Schöpfung sich erheben wird,
dem Richter Rechenschaft zu geben.
Ein geschriebenes Buch wird erscheinen,
in dem alles enthalten sein wird,
was die Welt sühnen soll.
Wenn sich dann der Richter setzen wird
was auch immer im Verborgenen war, wird ans Licht kommen.
Nichts wird unvergolten bleiben.
Was werde ich Elender dann sagen?
Welchen Anwalt werde ich erbitten,
wenn der Gerechte kaum sicher sein kann?
3.
König von erzittern lassender Majestät,
der du die zur Rettung Bestimmten errettest aus Gnade :
Rette mich, du Urquell der Gnade.
4.
Gedenke, o treuer Jesus,
dass ich der Grund bin für deinen Weg.
Verdirb mich nicht an jenem Tage.
Mich suchend hast du dich erschöpft,
hast mich errettet, indem du das Kreuz erlittest.
Solch grosse Mühe sei nicht vergeblich.
Gerechter Richter der Vergeltung,
schenke Vergebung
vor dem Tag der Abrechnung.
Ich seufze als ein Schuldiger,
Schuld rötet mein Gesicht.
Dem demütig Bittenden gewähre Schonung,
Gott.
Der du Maria vergeben hast
und den Schächer erhört hast,
hast auch mir Hoffnung geschenkt.
Meine Bitten sind es nicht wert,
aber du, Guter, lass Güte walten,
auf dass ich nicht für ewig brenne im Feuer.
Unter den Schafen weise mir meinen Platz zu,
und lass mich von den Böcken getrennt sein,
indem du mich zu deiner Rechten stellst.
5.
Abgewiesen die Verdammten,
den Flammen ausgesetzt werden,
dann rufe mich mit den Gesegneten.
Ich bitte unterwürfig und demütig
mit einem Herzen, das sich in Reue im Staub beugt,
trag Sorge zu meinem Ende.
6.
Tränenreich ist jener Tag,
an welchem auferstehen wird aus dem Staube
zum Gericht der Mensch als Schuldiger.
Gewähre ihm Schonung, Gott,
treuer Herr Jesus.
Schenke ihnen Ruhe. Amen.
IV Offertorium:
1.
Herr Jesus Christus, König der Herrlichkeit,
befreie die Seelen aller Gläubigen, die gestorben sind,
von den Strafen der Hölle
und vom abgründigen See.
Befreie sie aus dem Rachen des Löwen,
auf dass die Unterwelt sie nicht verschlinge,
auf dass sie nicht ins Dunkel fallen,
sondern der Heilige Michael, der Bannerträger, sie stellvertretend begleite
in das heilige Licht,
wie du einst Abraham verheissen hast und seinem Samen.
2.
Opfergaben und Bitten bringen wir dir, Herr, mit Lob dar:
Nimm du sie auf für jene Seelen,
derer wir heute gedenken.
Gib, dass sie, Herr, vom Tod hinübergehen zum Leben,
wie du einst Abraham verheissen hast und seinem Samen.
V Sanctus:
Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Gott der Heerscharen.
Voll sind Himmel und Erde von deiner Ehre.
Hosanna in der Höhe.
VI Benedictus :
Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe.
VII Agnus Dei:
Lamm Gottes, das du trägst die Sünde der Welt,
gib ihnen die ewige Ruhe.
VIII Communio:
Ewiges Licht leuchte ihnen, Herr,
Mit deinen Heiligen in Ewigkeit, denn du bist treu.
Ewige Ruhe gib ihnen, Herr,
und ewiges Licht leuchte ihnen.

“Et mortis fatum finiet, trium dierum somno suscepto, tunc a mortuis regressus in lucem veniet primum resurrectionis initium ostendens”
„Des Todes Schicksal wird er beenden, einen Schlaf von drei Tagen nimmt er auf sich, dann wird er von den Toten zurückkehren und an das Licht kommen und so den Beginn der Auferstehung anzeigen.“
🏛️ 1. Ursprung und Entstehung
- Begriff: „Sibyllinische Orakel“ (Oracula Sibyllina) bezeichnet eine Sammlung prophetischer Dichtungen in griechischen Hexametern, die angeblich von verschiedenen Sibyllen stammen.
- Entstehung:
- Früheste Teile: vermutlich 2. Jh. v. Chr. (alexandrinisches Judentum!)
- Spätere Redaktionen und christliche Überarbeitungen: 1.–6. Jh. n. Chr.
- Sprache: Altgriechisch (hexametrisch wie Homer oder Hesiod).
- Überlieferung: 14 Bücher sind in Handschriften erhalten (Bücher 1–8 weitgehend vollständig, der Rest fragmentarisch). 👉 Sie sind nicht identisch mit den römischen „Sibyllinischen Büchern“ (die in Rom aufbewahrt und im 4. Jh. vernichtet wurden).
Quellen:
- J. J. Collins: The Sibylline Oracles of Egyptian Judaism (1974)
- Textausgabe: Oracula Sibyllina, hrsg. J. Geffcken (1902, Leipzig)
🕎 2. Inhalt – was steht wirklich drin?
Die Bücher sind sehr uneinheitlich, aber sie haben gemeinsame Themen – und das macht sie für Christentum und Mittelalter so spannend.
Hauptthemen
- Schöpfung und Weltalter
- Kosmologische Mythen: Entstehung der Welt, Untergang und Erneuerung.
- Moralische Appelle und Bußpredigten
- Mahnungen zu Rechtschaffenheit, Warnungen vor Götzendienst.
- Gericht und Apokalypse
- Visionen vom Weltende, göttlichem Zorn, Feuergericht, Auferstehung, Endzeit-König.
- Messias-Erwartung
- Besonders in den jüdischen und christlichen Überarbeitungen: Ankündigung eines Erlösers, Friedensreiches, manchmal mit erstaunlich christologischen Formeln (z. B. „ein Sohn Gottes wird kommen“).
- Kritik an römischer Dekadenz
- Rom als Symbol der Gottlosigkeit (bei jüdischen Schreibern), später dann Umdeutung durch Christen.
- Eschatologische Szenarien
- Feuer vom Himmel, Meer kocht, Sterne fallen – also dieselben Bilder, die später im „Dies irae“ auftauchen!
✝️ 3. Die jüdisch-christlichen Überarbeitungen
- Ursprünglich jüdisch geprägt (wohl von Diaspora-Juden in Alexandria verfasst).
- Ab dem 2. Jh. n. Chr. von Christen übernommen und erweitert:
- Integration von Messias-Motiven.
- Bezug auf Christus, Maria, Kreuz, Gericht, Auferstehung.
- Beispiel aus Oracula Sibyllina VIII, 1–20: „Denn ein König wird aus dem Himmel herabkommen, der die Toten richtet, in Fleisch und Geist, …“ (Übers. nach Geffcken 1902)
Das ist der Stoff, aus dem später die christliche Vorstellung einer prophetischen Sibylle wurde: eine Heidin, die das Kommen Christi und das Weltgericht vorhersagt.
🕰️ 4. Rezeption im Mittelalter
- Kirchenväter wie Laktanz (um 300 n. Chr.) zitieren die Sibylle ausdrücklich als Zeugin des Jüngsten Gerichts:
- Laktanz, Divinae Institutiones 7, 19: „Sibylla testatur diem judicii venturum esse…“ → also: „Die Sibylle bezeugt, dass der Tag des Gerichts kommen wird.“
- Augustinus zitiert sie ebenfalls in De Civitate Dei 18, 23, mit der Erklärung, dass Gott auch Heiden prophetische Einsicht gegeben habe. → Das ist der eigentliche Ursprung der Formel teste David cum Sibylla! Denn:
- David = biblischer Zeuge (Psalmen vom Zorn Gottes).
- Sibylle = heidnischer Zeuge (Oracula Sibyllina).
- Im Hochmittelalter (z. B. in der Kunst der Kathedralen von Chartres oder Orvieto) erscheinen Sibyllen neben Propheten als „Zeugen“ des Heilsplans.
- In der Renaissance greift Michelangelo das in der Sixtinischen Kapelle wieder auf: David und Sibyllen nebeneinander an der Decke.
📜 5. Bedeutung für das
Dies irae
Wenn also Thomas von Celano (oder wer immer der Verfasser war) um 1220–1230 die Zeile
Teste David cum Sibylla
einfügt, dann:
- ist David biblisches Zeugnis (Psalm 96,13: „Denn er kommt, zu richten die Erde“);
- ist die Sibylle heidnisches Zeugnis, das schon seit Augustinus und Laktanz theologisch legitimiert war;
- und der Dichter nutzt beides, um das Endgericht als universale Wahrheit zu präsentieren — bezeugt von Schrift und Natur (bzw. Heidenwelt).
Aus dem Propheten Zephania (Kapitel 1):
2 Ich will alles aus dem Lande wegnehmen, spricht der HERR.
3 Ich will Menschen und Vieh, Vögel des Himmels und Fische im Meer wegnehmen samt den Ärgernissen und den Gottlosen; ja, ich will die Menschen ausreuten aus dem Lande, spricht der HERR.
13 Und ihre Güter sollen zum Raub werden und ihre Häuser zur Wüste. Sie werden Häuser bauen, und nicht darin wohnen; sie werden Weinberge pflanzen, und keinen Wein davon trinken.
14 Des HERRN großer Tag ist nahe; er ist nahe und eilt sehr. Wenn das Geschrei vom Tage des HERRN kommen wird, so werden die Starken alsdann bitterlich schreien.
15 Denn dieser Tag ist ein Tag des Grimmes, ein Tag der Trübsal und Angst, ein Tag des Wetters und Ungestüms, ein Tag der Finsternis und Dunkels, ein Tag der Wolken und Nebel,
16 ein Tag der Posaune und Drommete wider die festen Städte und hohen Schlösser.

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