War Mozart verarmt?
Für die Jahre zwischen 1788 und 1791 lassen sich Mozarts Einnahmen gegen die Ausgaben abschätzen. Die folgende Tabelle bietet eine Schätzung aufgrund aktueller Quellen der Mozartforschung (Liste unten).
👉🏽 Alle Werte sind in Gulden Wiener Währung gegeben.
| Position | Quelle / Kontext | Geschätzter Betrag |
| Wohnung (Alsergrund / Landstraße) | Mietverträge u. a. nach Lorenz, Mozart’s Apartments in Vienna (2006) | 200–300 fl/Jahr |
| Bedienstete (1 Dienstmädchen, ggf. Lehrjunge) | zeitgenössische Haushaltsrechnungen | 150–200 fl/Jahr |
| Kleidung, Wäsche, Reparaturen | Durchschnitt bürgerlicher Haushalt; Mozart erwähnt Schneiderkosten | 100–150 fl/Jahr |
| Lebensmittel / Wein / Gäste | Haushaltsdurchschnitt der mittleren Schicht; Mozarts Geselligkeit ist bekannt | 300–400 fl/Jahr |
| Kutschen, Reisen, Unterricht | häufige Fahrten (z. B. Baden, Prag), Schülerbesuche | 100–200 fl/Jahr |
| Musikmaterial / Notenkopien / Instrumente | belegte Zahlungen für Kopisten und Papier | 100–150 fl/Jahr |
| Schuldenzinsen / Rückzahlungen (v. a. an Puchberg) | Schätzungen nach den Briefen | ca. 150 fl/Jahr |
➡️ Gesamtausgaben pro Jahr: rund 1 100 – 1 500 Gulden
also 90 – 125 fl pro Monat.

Die Einnahmen im Vergleich dazu
• Kaiserliches Hofgehalt: 800 fl jährlich (~ 66 fl/Monat)
• Unterricht: 300–400 fl jährlich (nicht konstant)
• Aufführungen / Aufträge (Opern, Tänze, Messen): stark schwankend
– 1791: Tito (1 000 fl), Zauberflöte (Anteil an Einnahmen, unklar), Requiem (Teilsumme von Walsegg, 50 fl Vorschuss belegt)
➡️ Summe der Einnahmen: In guten Jahren 1 200–1 600 fl, in schlechten deutlich weniger.
📉 Ergebnis / Bilanz
• Selbst im „normalen“ Jahr lag Mozarts Haushaltsbudget auf Kante genäht.
• Bei Krankheit, ausgefallenen Konzerten oder verspäteten Zahlungen geriet er sofort in Liquiditätsprobleme.
• Das erklärt die Dringlichkeit seiner Bitten an Puchberg und die mehrfachen Hinweise auf „Mangel an barem Gelde“.
Primärquellen und Belege
• Otto Erich Deutsch (Hg.): Mozart. Dokumente seines Lebens, Nr. 1077–1100 (Puchberg-Briefe).
• Michael Lorenz: Mozart’s Apartments in Vienna, Acta Mozartiana 53/2 (2006).
• Neal Zaslaw (Hg.): The Classical Era: From the 1740s to the End of the 18th Century, 1989.
• H. C. Robbins Landon: Mozart: The Golden Years 1781–1791, Kap. 8 f.
• Dexter Edge: Mozart’s Finances Reconsidered (Cambridge University Press, 2021).
Quelle des Beitragsbildes: Brief Mozarts vom Juni 1788 an Michael Puchberg. Mozarteum, Salzburg.
Übersetzung:
Verehrungswürdigster O:. b:.
liebster bester freund! –
Ich habe imer geglaubt dieser tagen selbst in die Stadt zu komen, um mich
beÿ ihnen wegen ihrer mir bewiesenen freundschaft mündlich bedanken zu können
– Nun hätte ich aber nicht einmal das Herz vor ihnen zu erscheinen, da ich ge=
zwungen bin ihnen freÿ zu gestehen, daß ich ihnen das mir geliehene ohnmöglich
so bald zurück zahlen kann, und sie ersuchen muß mit mir geduld zu haben! –
daß die umstände dermalen so sind, und Sie mich nach meinem Wunsch nicht
unterstützen können, macht mir viele Sorgen! – Meine laage ist so, daß
ich unumgänglich benöthiget bin, geld aufzunehmen. – aber gott, wem soll ich
mich vertrauen? – niemanden als ihnen, mein bester! – wenn Sie mir
nur wenigstens die freundschaft thun wollen, mir durch einen andern weg
geld zu verschaffen! – ich zahle Ja gerne die Interessen note, und derjenige
der mir lehnt, ist Ja durch meinen karacter, und meine besoldung note glaub‘ ich
gesichert genug; – es thut mir leid genug, daß ich in diesem falle bin –
– eben deswegen wünschte ich aber eine etwas ansehnliche Sume auf einem
etwas längeren termin zu haben, um einem solchen falle vorbeugen
zu können. – wenn Sie, liebster br:. mir in dieser meiner laage nicht
helfen, so verliere ich meine Ehre und Credit, welches das einzige ist,
was ich zu erhalten wünsche; – ich baue aber ganz auf ihre ächte freund=
schaft und br:. liebe, und erwarte zuversichtlich daß sie mir mit rath und
that an die hand gehen werden; – wenn mein wunsch in erfüllung geht so
kann ich freÿ odem schöpfen, weil ich dann im Stande seÿn werde mich in
ordnung zu bringen, und auch darin zu erhalten; – komen Sie doch
zu mir, und besuchen sie mich; ich bin imer zu hause; – ich habe in den 10
tagen daß ich hier wohne mehr gearbeitet, als im andern logis die 2
Monathe; und kämen mir nicht so oft so schwarze gedanken |: die ich mir mit
gewalt aus=schlagen muß 😐 würde es mir noch besser von statten gehen;
denn ich wohne angenehm, – bequem – und – wohlfeil. – ich will sie nicht
länger mit meinem Gewäsche aufhalten, sondern schweigen und hoffen; –
Ewig ihr verbundener Diener
den 27: Juny: 1788. wahrer Freund und O:. b:.
W. A: Mozart mp

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